Sophie macht Musik

von Geoffroy de Pennart

Signatur: KB Pen

Gestatten: Sophie Gudrun Hermine von der Weiden, Pflanzenfresserin, Paarhufer, Unterfamilie: Rinder, braunes Fell, weiß gefleckt, Besonderheit: Musikerin,

so beschreibt es der Steckbrief im Umschlag des Bilderbuches, aber man hat sie ja vorher schon auf dem Titelbild gesehen, wie sie im geblümten grün-weißen Kleid ganz selbstverständlich am Klavier in die Tasten greift.

Aber eigentlich ist Sophie eine große Sängerin, die davon träumt, bei einem Musikwettbewerb mit einem richtigen Orchester aufzutreten und ihr Glück zu versuchen. Denn bis dahin hat sie immer nur Konzerte für ihre Familie (natürlich auch Rinder!) und ihre Freunde (alle Tiere, die es so gibt auf dem Bauernhof) gegeben; die waren immer ganz begeistert. So unterstützt das alte Pferd sie darin, in die Stadt zu fahren und ihr Glück zu versuchen, denn „sie ist begabt und wird Erfolg haben“.

Ausgestattet mit Stadtplan und Zeitung sucht sie sich im Café sitzend die Kleinanzeigen heraus, in denen verschiedene Orchester eine Sängerin suchen. Sie beginnt beim „Salonorchester des blitzenden Lächelns“ und wundert sich noch über den eigenartigen Namen… Schon steht sie vor einem Orchester von mehrheitlich Löwen und Bären mit einzelnen Wölfen und einem Krokodil, alle freundlich mit den Zähnen blitzend. Obwohl sie eigentlich keine Pflanzenfresser aufnehmen, bitten sie Sophie einzutreten, aber die nimmt verängstigt reißaus und nimmt sich vor, genauer auf die Namen der Orchester zu achten!

Nun trifft sie nacheinander auf Vegetarier (Elefanten und Nilpferde), die sie leider für zu leichtgewichtig befinden; auf Wiederkäuer (Giraffen): „ich fürchte, Sie sind nicht ganz auf unserer Höhe“; Gehörnte (alle möglichen Tiere mit ausgefallenen Geweihformen), denen ihre kleinen Hörnchen natürlich viel zu einfach sind. „Was haben denn Hörner mit Musik zu tun?“ bemerkt sie, herrlich doppeldeutig, enttäuscht und empört.

Selbst die schwarzen Rindviecher wollen keine braune Kuh und die braunen Kühe in engen gelben Kleidern mit Pelzbesatz, bei denen ein Diener in Livrée die Tür öffnet, befinden: „ich fürchte, sie sind für unser Ensemble nicht elegant genug“. Das letzte „Orchester der verrückten Kühe“ lehnt sie, inzwischen kochend vor Wut und Enttäuschung, dann selbst ab, denn hier wird die Geige mit der Säge statt mit einem Bogen misshandelt und man tanzt auf dem Klavier statt auf den Tasten zu spielen.

Sophie will schon ganz mutlos aufgeben, denn sie hat ja noch nicht einmal vorgesungen und ihr Können gezeigt; immer ist sie schon vorher aus ganz unsachlichen Gründen abgelehnt worden!

Da endlich im Café am Bahnhof trifft sie auf den Kellner, einen Hund, der auch Musiker ist und ganz ähnliche Erfahrungen gemacht hat. Sophie und Douglas geben nun zusammen eine Anzeige auf, in der sie den Bewerbern zusichern, dass alle angehört werden. Eine große Schlange kleiner, großer, dicker, dünner Tiere mit Noten und verschiedenen Instrumenten findet sich ein.

Sie entscheiden sich schließlich für einen dünnen Elefanten am Bass, ein Zebra mit Holzbein sowie eine Bärin und einen Wolf. Der Hund Douglas spielt Klavier und Sophie singt. Als „Die Musikfreunde“ treten sie vor großem Publikum im Wettbewerb an….

Ein wunderschön illustriertes Bilderbuch mit knappem Text über Musik, wahres Können und falsche Vorurteile!

Am Anfang findet man – wahrscheinlich auch nur als Erwachsener!- es noch komisch, wie die Tiere in Menschenkleidern in ganz menschlicher Umgebung leben (wunderbar: Elefant und Löwe als Autofahrer in der großen Stadt!), am Schluss aber findet man das ganz normal, wie die „Musikfreunde“ als ausgezeichnete Musiker und Musikerinnen auf der Bühne stehen, egal was sie außerdem sonst noch sind.

Ganz nebenbei gibt es bei den Bildern auf jeder Seite viele kleine Details zu entdecken wie z.B. die Kuhuhr auf dem Kaminsims, die vielen verschiedenen Türen und Wanddekorationen, die immer genau zu dem jeweiligen Orchester passen (genial eine Geweih-Tür bei den Gehörnten!) oder die Mimik und Gestik von Sophie in ihrer zunehmenden Wut und Verzweiflung.

Ein sehr empfehlenswertes Buch für Kinder im Vorschulalter und ihre Eltern.

Eva Krone

erschienen im Beltz&Gelberg-Verlag 2000

Website von Geoffroy de Pennart (französisch)