Im Gefängnis

Ein Kinderbuch über das Leben hinter Gittern

von Thomas Engelhardt und Monika Osberghaus

illustriert von Susann Hesselbarth

Signatur: J Eng

Dieses Sachbuch für Kinder ab ca. 8 Jahren erklärt auf mehreren Ebenen:

  • Der weiß unterlegte Text erzählt die Geschichte der achtjährigen Sina, deren Vater wegen eines bewaffneten Überfalls für drei Jahre inhaftiert wird. Dieser Teil wird aus ihrer Perspektive geschrieben.
  • Der grau unterlegte Sachtext der AutorInnen informiert über Interna des Gefängnislebens. Warum kommt jemand ins Gefängnis, was ist dort erlaubt und wie sieht der Alltag aus. Die Menschen, die im Gefängnis arbeiten, erhalten durch die einfachen Zeichnungen von Susann Hesselbarth ein persönliches Gesicht. z.B. die Sozialarbeiterin, die Justizvollzugsbediensteten, usw. Sie werden in typischer Arbeitskleidung skizziert und mit einem Namen benannt, das macht sie für Kinder anschaulich.

Die Briefe, die Sina an den Vater schreibt und seine Antworten heben sich ebenfalls vom Text ab. In einem Glossar werden Sachbegriffe und knasttypische Ausdrücke erklärt.

So ist es möglich, das Buch einfach von Anfang bis Ende zu lesen, oder erst einmal zu sehen, wie es Sina ergeht.

Die Hauptperson ist Sina, dann natürlich der Vater. Die Mutter erscheint nur aus Sicht der Tochter, aber diese Darstellung ist gut nachvollziehbar.

Die Autor/Innen gehen sehr behutsam vor. Sinas Vater bemüht sich um Besserung, die Familie zerbricht nicht an der Situation. Dies begründen die Autor/Innen im Nachwort damit, dass sie betroffenen Kindern Mut machen möchten. Ihnen ist aber bewusst ist, dass es viel schlimmere Fälle gibt. Das wird in der Geschichte nur kurz angedeutet. Auch eine grundsätzliche Kritik an unserer Form des Strafvollzugs wird in einem Kapitel über Probleme im Gefängnis angesprochen.

Dass Sina oft wütend ist, dass sie sich mitbestraftfühlt, dass auch die Heimkehr des Vaters nicht nur eitel Freude ist, das alles schildert das Autorenteam einfühlsam und für mich gut nachvollziehbar.

Es wird deutlich, dass den beiden Autor/Innen der Balanceakt klar ist, der die Beschreibung eines so emotionalen Themas bedeutet. Das macht das Buch für mich glaubwürdiger, denn ich sehe: Da hat sich jemand Gedanken gemacht.

Die Sachinformationen haben mich überzeugt, denn ich hatte bis dahin auch keine Ahnung von den meisten Details.

Ein sehr empfehlenswertes Buch für alle ab ca. 8 Jahren, nicht nur für direkt Betroffene.

Martha Bull

Im Januar 2019