Die Welt ist voller Löcher

von: Claire Didier
Bilder: Roland Garrigue

Signatur: KB Did

Man ahnt es schon: das Buch ist völlig durchlöchert! Mit echten Löchern auf einzelnen Seiten an entsprechenden passenden Stellen (Knopflöcher, Vulkanöffnungen, Fischmäuler, Eislöcher usw.), mit gezeichneten Löchern in allen Formen und Farben, aber auch mit einem Loch, das von vorne bis hinten durch das Buch hindurch geht, man kann es sozusagen dran aufhängen!

Durch das Buch führt Franz von Loch, ein bedeutender Löchersammler, der anstelle einer Einleitung vom Reporter Eugen Hohl (!) interviewt wird und mit seinem riesigen Bart und ebenso großem Loch im Bauch (das man ihm zu diesem Thema wohl schon in denselben gefragt hat!) sehr eindrucksvoll aussieht.

Im ersten Kapitel, dem „Marktplatz der Löcher“, wird zunächst einmal ein Einblick in die umfangreiche Löchersammlung gewährt, von entwerteten Tickets über Lochmünzen, Käsereiben bis zum Toilettenstuhl Ludwigs XV. sowie Spiele, die Löcher als Ziel haben, Essbares mit Loch ( Käse bis Markknochen!), Literatur, die das Loch als Thema behandelt wie z.B. Jules Vernes Reise zum Mittelpunkt der Erde, über Instrumente, die Töne mittels Löchern erzeugen, bis hin zum ultimativen „Schwarzen Loch“.

Die weiteren Kapitel behandeln „Löcher der Erde“, „Tierische Löcher“, „Löcher rund um den Körper“ und „Künstliche Löcher“.


In großformatigen Fotos oder Illustrationen, in die Zeichnungen und kurze, aber meist sehr informative Texte eingefügt sind, führt uns Franz von Loch von Höhlen über Meteoritenkrater und Gletscherspalten durch die ganze Welt ebenso wie durch die Tierwelt und den menschlichen Körper. Anschauliche Erklärungen auf kleinen Notizblöcken oder Schemazeichnungen z.B. zum Beispiel beim Termitenhügel erhöhen den inhaltlich informativen Charakter des Buches.

Die graphische Gestaltung wird Schulkinder ansprechen, ist witzig, collagenartig zusammengewürfelt, dadurch manchmal ein wenig unübersichtlich oder auch etwas überfrachtet. Dennoch sind die Textstücke kurz und trotzdem reich an Informationen zu allen erdenklichen Themen. Die Art der Darstellung legt nahe, nicht von vorne bis hinten durchzulesen, sondern immer mal wieder eine Seite oder ein Kapitel aufzuschlagen.
Man wird dann ähnlich wie bei einem Lexikon auf einer Doppelseite über die obskursten Fakten zum Loch umfassend aufgeklärt: das Thema „Intime Löcher“ beinhaltet unter anderem die kürzeste Fassung von Aufklärung über das „Kindermachen“ bis zur Geburt, die mir bisher in einem Kinderbuch begegnet ist.

Es schließen sich an die Doppelseiten über Piercing und Mode. Über Tunnel, Baugruben, Bergbau bis hin zu den „Letzten Löchern“ antiker Bestattungsriten wird nichts ausgespart („wer hier wohnt, weilt nicht mehr unter den Lebenden“).
Und auf der letzten Seite erfahren wir nicht nur, dass das Loch auf Englisch „hole“ heißt, sondern auch auf Italienisch „buco“ und „dong“ auf Chinesisch (das französische „trou“ wäre zu ergänzen, denn das steht nicht drin, weil es ein französisches Buch ist!).

Es geht dem Leser wie manchmal beim Lesen eines Lexikons:
Man fragt sich zwischendurch, ob man das alles wirklich wissen wollte, was man bei dieser Lektüre erfahren hat, aber interessant und irgendwie faszinierend war’s doch!!
Ein aufwändig gestaltetes Buch mit großem Informationswert, das sich lohnt mit größeren Kindern immer wieder anzusehen!

Eva Krone, Hamburg 2007

Eine Seite zu Roland Garrigue (englisch)