Der Tod auf dem Apfelbaum

von Kathrin Schärer

Die Geschichte ist uralt und bekannt: Der Fuchs überlistet den Tod, zwingt ihn, auf dem Baum auszuharren, bis der Fuchs bereit ist zu sterben.

Sehr lange hält sich der Fuchs für den Gewinner des Handels. Die erste Erschütterung erlebt er, als seine geliebte Frau stirbt. Mit Verwirrung muss er erfahren, dass der Aufschub nur für ihn selbst gilt, weil sonst niemand mehr auf der Welt sterben könnte.

Allmählich wird der Fuchs so alt, dass all seine Freunde tot sind, die jungen Füchse kennen ihn nicht mehr, wissen mit ihm nichts mehr anzufangen. Der alte Fuchs wird einsam und auch hinfälliger. Als er sich dann schließlich entscheidet, den Tod vom Baum zu befreien, erlebt er ihn als Erlösung. Er hat allen Schrecken verloren und kommt als Freund.

Kathrin Schärer verwandelt diese Geschichte in eine faszinierend schöne Begegnung mit dem freundlichen Tod.

Auf jeweils doppelseitigen Bildern mit nur wenig Text verzichtet sie auf jedes Beiwerk. Nur der Fuchs, die Zweige des Baumes, vielleicht ein paar andere Tiere. Oft genug nur das Gesicht des listigen Tieres. Das allerdings ist alles detailliert gezeichnet, jedes Haar, jedes Blatt am Zweig.

Der Fuchs ist zu Beginn der Geschichte schon alt, aber seine gespitzten Ohren, seine strahlenden Augen zeugen von seiner Aufmerksamkeit, seiner Gewitztheit. Als er den Tod gebannt hat, trällert er: »Jetzt lebe ich auf immer und ewig«

»Der Tod lächelt und wartet.«, heißt es weiter. Der Tod in Gestalt eines jungen Fuchses ist in einen hellen Overall gehüllt. Man sieht nur sein gleichbleibend freundliches Gesicht. Da ist kein Schrecken in seiner Gestalt, kein Gruseln überkommt die Betrachtenden.

Frau Schärer gelingt es, die fortschreitende Hinfälligkeit des Tieres präzise zu zeichnen, seine Knochen werden spitzer, sein Fell ruppiger, bis sein eines Auge erblindet und er in demütiger Haltung zum Baum gekrochen kommt, um sich zu ergeben.

Es wird eine liebevolle Begegnung, beide Füchse stehen in inniger Umarmung, kein Zeichen von Leid mehr im Gesicht des alten Fuchses. Am Ende liegt der tote Fuchs neben dem Schatten des Tods auf der Erde. Es herrscht tiefster Frieden.

Es ist schwer in Worte zu fassen, wie sehr die Zeichnungen anrühren. Da ist nichts kitschig oder rührselig, nichts brutal oder angsterregend. Es ist das Bild eines älter werdenden Wesens, das dem Tod entgegen geht. Ganz einfach. Einfach getextet, einfach gezeichnet, einfach das Leben.

Und darum eines der schönsten Bücher zu diesem Thema.

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